3. Oktober 2023
Mir fällt es tatsächlich viel einfacher diesen Text zu schreiben, als mich vor, während oder nach dem Schreiben für einen Titel zu entscheiden. In einem Jahr, das gespickt war mit Highlights, mit Enttäuschungen, mit Freude und mit Frust.
Eingebettet in unseren Liga-Alltag war für mich ein grosses persönliches Highlight die WM in Hyvinkää. Auch wenn die Resultate sich nicht mit den Erwartungen deckten, empfand ich die Stimmung im gesamten Schweizer Team als grossartig. Der Teamspirit, die Unterstützung, die aufmunternden Worte, die getrunkenen Lonkeros, die gegessenen Pyttipannus und die gemeinsamen Aktivitäten neben dem Pesäpalloplatz – sie alle zeugen von dem, was für mich der Hauptgrund ist warum ich seit Jahren in der Schweiz Pesäpallo spiele: Unsere Pesäpallocommunity und das damit verbundene Gemeinschaftsgefühl. Unsere Sportart lebt hier in der Schweiz davon, dass man sich gegenseitig unterstützt und dass man respektvoll miteinander umgeht.
Diese gegenseitige Unterstützung hat man in Finnland nicht nur gesehen, sondern auch gehört, gefühlt und erlebt. Daher bleibt die WM emotional als absolutes Highlight in Erinnerung. An dieser Stelle will ich noch einmal meinen Dank an Reto, Sanna und Jan aussprechen, welche sich mit unermüdlichem Einsatz um die WM gekümmert haben. Ebenfalls ein grosses Danke richte ich an Stefan und Sybil, welche sich um die Nationaltrikots kümmerten!
Resultatmässig war es dann schon eher durchzogen, auch wenn es Glanzlichter gab: Allen voran natürlich die Silbermedaille des Frauenteams. Auch das Männerteam zeigte viele gute Partien. Bei den Mixedteams hätte man sich durchaus mehr erhofft. Dies lag aber aus meiner Sicht weniger an der Leistung der Schweizer Teams, sondern an Umständen, welche wir nicht kontrollieren konnten: Denn der fade Beigeschmack über viele kleinere und grössere Ärgernisse bleibt. Ich denke da beispielsweise an das Vorrundenspiel des Mixedteams gegen Deutschland, welches nach knapp 30 Minuten abgepfiffen wurde. Ich denke aber auch an die Tatsache, wie die Organisatoren am Abend vor dem Turnier festgestellt haben, dass es keine gute Idee sei, zwei Felder direkt nebeneinander einzuzeichnen, nur um dann den Spielplan über den Haufen zu werfen. Da hätte man auch früher darauf kommen können. Ich denke daran, dass einige Teams plötzlich doch nicht teilnehmen konnten. Und ich denke vor allem daran, dass fast alle gegnerischen Teams viele talentierte finnische Spielerinnen und Spieler aufstellten, die dann in entscheidenden Situationen eingesetzt wurden, um so dem Spiel den Stempel aufzudrücken. Da gibt es bei den Organisatoren bestimmt noch einiges zu klären.
Da erlebte ich die Organisation des Liga-Alltags doch viel souveräner und wertschätzender. Am ersten Spieltag am 14. Mai in Solothurn, gab es bereits erste deutliche Tendenzen: So konnte Basel bereits dort andeuten, wie stark sie aus der Winterpause auf das Pesäpallofeld zurückkehrten. Zürich erspielte sich ebenfalls zwei Siege, während die anderen Teams noch nicht ihre stärksten Spiele hinlegten.
Als sich die Teams in Basel zum zweiten Spieltag trafen, zeigten die beiden Solothurner Mannschaften dann, dass sie die Winnermentalität wiedererlangen konnten. Mit jeweils zwei Siegen aus zwei Spielen liessen sie diesbezüglich keine Fragen mehr offen. Die Tabellensituation spitzte sich zu einer äusserst delikaten Ausgangslage zu, die es noch fast allen Teams möglicht war, sich am letzten Spieltag für die obere Tabellengruppe zu qualifizieren.
So wurden einige der Spiele am letzten Spieltag in Winterthur zum Zünglein an der Waage: Winterthur, welches sich im Spiel gegen Zürich wohl beflügelt durch das Heimpublikum den ersten Punkt holte, und Zürich somit die 3 Punkte verweigerte, ermöglichte es so den Teams aus Basel und Solothurn B, sich doch noch in die Topgruppe zu hieven. Sinivalkoiset hatte das Nachsehen, ihre Ausganslage verschlechterte sich dadurch, so dass sie nun im unteren Pool landeten. Nach dem Spieltag war klar: Basel und die beiden Solothurner Teams hatten die beste Ausgangslage für das Finalwochenende. Zürich, die Elche aus der Ostschweiz und Wintin Hurjat treffen sich im unteren Pool.
Es folgte am Finalwochenende, was sich während der Saison abzeichnete: Nach spannenden Spielen mit zum Teil äusserst knappen Entscheidungen, qualifizierten sich Dauergast Solothurn A und die formstarken roten Baslerinnen und Basler im Finale.
Aber eins nach dem andern: Am Samstag wurden die Ranglistenspiele gespielt. Schon da spürte man, dass die Teams aus der Ostschweiz und Basel stark aufgestellt sind, und dass sich möglicherweise die eine oder andere Überraschung anbahnen könnte. Winterthur konnte im Gegensatz zur vergangenen Saison ein Team stellen, wenn sie auch auf Unterstützung aus den Reihen der anderen Teams angewiesen waren. Solothurn legte noch nicht alle Karten auf den Tisch, deutete aber an, dass der Titel nur über sie führen wird. Zürich wiederum zeigte durchzogene Leistungen.
Am Finaltag standen zuerst die Halbfinalqualifikationen auf dem Programm. Während Basel sich im Spiel gegen Winterthur souverän durchsetzen konnte, besiegten die Ostschweizer den letztjährigen Finalisten aus Zürich in zwei sehr engen Halbzeiten, wo sie sich jeweils mit einem Lauf mehr durchsetzen konnten. Auf diese Spiele folgten die Halbfinals, in welchem Solothurn A gegen die wohl inzwischen etwas müden Ostschweizer gewannen, während im nächsten Spiel – wohl eines der engsten Halbfinalspiele überhaupt – Basel das Team Solothurn B besiegte. Es war ein Spiel auf höchstem Niveau, mit vielen engen Entscheidungen. Viele Spielerinnen und Spieler hätten sich wohl einen Video Assistant Referee gewünscht. Trotzdem blieben die Mannschaften fair und nahmen die Entscheidungen reklamationslos entgegen. Somit war die erste Medaillenentscheidung gefallen: Solothurn B holte Bronze. Das Spiel um den Titel folgte als krönender Abschluss dieser aussergewöhnlichen Saison.
Nachdem Basel in der ersten Halbzeit einen 4 Punkte Rückstand vorerst ausgleichen konnte, zeigte sich, warum Solothurn seit Jahren der Massstab im Schweizer Pesäpallo ist: Auf die starke Antwort der Basler folgte nämlich eine noch stärkere Reaktion des Teams um den MVP Reto Brotschi. Durch Geschwindigkeit, Präzision und ungeheuren Druck konnte sich Solothurn die erste Hälfte mit 6:5 doch noch schnappen. Diesen Dämpfer schienen die Basler nicht vollends verarbeiten zu können. Auch wenn sie weiterhin einen aufopfernden Kampf auf den Rasen von Dietikon legten, so war das Selbstbewusstsein in den Reihen der Solothurner inzwischen auf dem Höhepunkt angelangt. Sie liessen sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen und gewannen schliesslich auch die zweite Halbzeit, um kurz darauf den Pokal in die Höhe zu stemmen. Trotz der Niederlage dürfen die Spielerinnen und Spieler aus Basel stolz auf sich und das Geleistete sein.
Man darf gespannt sein, ob die Trophäe im kommenden Jahr in Solothurn bleibt, oder ob Basel noch einen weiteren Schritt in ihrer Entwicklung machen und den Titel holen können. Vielleicht findet auch Zürich zu alter Stärke zurück, und kann den anderen Teams ein Dorn im Auge sein. Oder sind es die Hirvet aus der Ostschweiz, welche die Feiergesänge in ihrem Dialekt singen dürfen? Schafft es Winterthur, aus dem Keller in die oberen Sphären der Schweizer Pesöpallolandschaft zu steigen? Oder wird am Ende das Team Solothurn B seinem Bruderteam und allen anderen Mannschaften ein Bein zu stellen? Das wäre dann für die Statistiker eine Herausforderung. Ich frage mich nämlich gerade, ob dann die Solothurner Serie weiterginge, oder ob man dann anders rechnen müsste.
Wie auch immer die kommende Saison resultatmässig ausfallen wird, ich bin überzeugt davon, dass wir in der Schweiz den bemerkenswerten Spirit aufrechterhalten werden und dass die kompetitive aber gleichzeitig auch faire Atmosphäre bleibt. So wünsche ich der ganzen Pesäpallofamilie eine erholsame Winterpause.
Markus Nurmi
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